Was haben koreanische Reiskuchen mit BTS gemeinsam?

Warum Jang In-deuk 장인득 seit über 50 Jahren Manggaetteok auf dem Jagalchi Fischmarkt verkauft und man den klebrigen Reiskuchen Tteok nicht mit Japan in Verbindung bringen sollte.

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Es war Freitagabend: Ich machte es mir vor dem Fernsehen gemütlich und wollte mir einen Dokumentarfilm anschauen, als ich plötzlich von einem seltsamen Geräusch unterbrochen wurde. Ein vertrautes Geraschel, ein Geräusch, dass ich aus meiner Kindheit kenne. Ich ging zum Fenster und sah einen Mann, der der Strasse entlang ging. Um auf sich Aufmerksam zu machen, benutze er das 깔깔이  (kkal kkari), ein spezielles Instrument aus Holz. Nun erinnerte ich mich wieder an die Winterabende, an welchen Verkäufer durch Strassen marschierten, um Chapsaltteok und Manggaetteok zu verkaufen.

War es Zufall oder Schicksal, dass ich am darauffolgenden Tag auf dem Jagalchi Fischmarkt in Busan ein älterer Herr entdeckte, der unter anderem Manggaetteok verkaufte? Grund genug, um mich mit Jang In-deuk 장인득 (80) zu unterhalten.

Herr Jang, sie haben einen etwas ungewöhnlichen, portablen Verkaufsstand. Was genau verkaufen sie hier?

Ich verkaufe Manggaetteok 망개떡 und Dango 경단.Diese zwei Snacks sind alte, traditionelle koreanische Reiskuchen. Manggaetteok besteht aus den Worten Manggae 망개 (Mangae Blätter) und dem Wort tteok (klebriger Reiskuchen). Mangae Bäume gibt es nur sehr selten, vorwiegend in Korea, Japan und China. Dango ist eigentlich ein japanisches Wort und wird in Korea Gyeongdan genannt. Dango stammt aus einer Zeit, als die Koreanerinnen und Koreaner von der japanischen Kolonialzeit beeinflusst wurden. Daher ist Dango vielen älteren Koreanern als Begriff vertraut.

Viele Menschen glauben, Tteok komme aus Japan. Ist das so?

Tteok kommt definitiv aus Korea und wurde schon vor 1800 Jahren in der Periode der Samhan 삼한 ( Drei Han ) in der die drei Han-Staatenbünde, Mahan 마한, Jinhan 친한 (Chinhan) und Byeonhan 변한 (Pyŏnhan) gegessen. Tteok wird oft mit dem japanischen Reiskuchen Kashiwa Mochi verwechselt. Im Gegensatz zum Manggaetteok wird der Kashiwa Mochi mit Eichenblättern umwickelt.

Warum lieben die Leute die Manggaetteok so sehr?

Das hat sicherlich auch viel mit den Kindheitserinnerungen zu tun. Früher verkaufte ich die Manggaettoek tagsüber in der Nähe der Schule. Am Abend lief ich durch die Gassen von Busan. Die Menschen haben mich erkannt, bekamen Hunger und kauften Manggaettok (lacht).

Manggaetteok망개떡 und Dango werden jeden Morgen frisch zubereitet. | Photographer Daniel Thomas Faller

Warum sind gerade im Winter die Manggaetteok so beliebt?

Früher gab es im Winter nicht viel zu essen und die Winternächte waren oft sehr kalt. Die Leute gingen deshalb abends nicht mehr ausser Haus. Da war es für viele ein Segen, wenn sie den Klang der 깔깔이 und die Stimme des Manggaetteok Verkäufers hörten.

Stellen Sie die Manggetteok selbst her?

Meine Frau und ich beginnen jeden Morgen um sechs Uhr mit der Herstellung der Manggetteok. Dies auf der Basis eines sehr alten, geheimen Rezeptes. Wir verwenden nur natürliche Inhaltsstoffe. Als Süssstoff verwenden wir anstelle von Zucker Malz 엿질금 . Die Mangge Blätter dienen nicht als Dekoration, sondern werden als natürliches Konservierungsmittel eingesetzt. Wenn wir zwei Kisten Manggetteok hergestellt haben, gehe ich gegen 12 Uhr auf den Jaggalchi Fischmarkt, wo ich diese bis am Abend alle verkaufe.

Beim Verkaufen schleppen Sie immer ihren speziellen Behälter von einem Ort zum anderen. Ist das nicht sehr aufwändig und anstrengend?

Den richtigen Manggeetteok verkauft man nicht „vom Brett“. Man muss den Reiskuchenbehälter von einem Ort zum anderen tragen. Nur so werden wir von den Leuten als wirkliche echte Manggetteok Verkäufer erkannt. Es ist aber schon eine körperlich sehr anstrengende Arbeit. Wenn ich am Abend nach Hause komme, habe ich immer wieder mal Knieschmerzen. Und da ich schon ein gewisses Alter habe, muss ich mich entsprechend pflegen oder mir im Krankenhaus von Zeit zu Zeit eine Spritze gegen die Schmerzen geben lassen. Doch ich bin stur. Ich möchte meine Arbeit noch so lange, wie möglich weitermachen, denn es ist mir wichtig, dass diese Tradition weiterlebt.

Für Jang In-deuk 장인득 ist es wichtig, traditionelles Handwerk einer jüngeren Generation weiterzugeben. | Photographer Daniel Thomas Faller

Sie wollen noch lange Manggeetteok herstellen und verkaufen?

Ich bin jetzt 80 Jahre alt. Mein Grossvater und mein Vater haben schon Manggaetteok hergestellt und verkauft. Als ich jung war, wollte ich Geschäftsmann werden, scheiterte aber mit meinen Plänen. Also habe ich mit 30 dieses traditionelle Handwerk erlernt und das Geschäft übernommen. Unser Familienunternehmen feiert nun diese Tage das hundertjährige Jubiläum.

Ich bin froh und stolz, darf ich diese alte Tradition noch aufrechterhalten.

Jang In-deuk 장인득

Kann man davon Leben?

Ich will mich nicht beklagen. Seit Corona ist der Verkauf jedoch deutlich eingebrochen, trotzdem reicht es für zwei ältere Menschen, wie mich und meine Frau (lacht).

Der heute 80-jährige Jang In-deuk 장인득 verkauft immer noch täglich Manggaetteok und Dango auf dem Jagalchi Fischmarkt in Busan. | Photographer Daniel Thomas Faller

Die Essenskultur verändert sich auch in Korea. Wird es Manggaetteok in Zukunft noch geben?

Ich bin froh und stolz, darf ich diese alte Tradition noch aufrechterhalten. Mein Handwerk werde ich meinem Neffen beibringen, damit er unser Geschäft weiterführen kann. So werden zumindest in Busan auf dem Jagalchi Fischmarkt in den nächsten Jahren noch auf traditionelle Art und Weise hergestellte Manggaetteok verkauft.

Es gibt immer wieder Produkte, die vom Markt verschwinden oder solche, die plötzlich wieder total im Trend sind. So war es auch mit Manggaetteok. Fans der berühmten K-Pop Gruppe BTS haben einem Bandmitglied – Jimin – den Spitznamen Mangaetteok gegeben. Angeblich, weil sie beim Anblick seiner pausbäckigen Wangen an die Manggaetteok denken müssen…

Yeim Choi

DADAEPO | Korea

Yeim ist gebürtige Koreanerin und lebt in Dadaepo, Busan. Sie hat viele Interessen: In unterschiedliche Kulturen einzutauchen, Sprachen zu lernen (Englisch und Indonesisch), die Welt zu erkunden, die Geschichten der Menschen zu hören, zu schreiben, zu zeichnen und Klavier zu spielen. Vor allem aber möchte sie die Welt zu einem besseren Ort machen.

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