Mehr als nur heisse Luft

Immer wieder findet man in Südkorea Firmennamen oder Produkte in Deutsch. Oftmals haben die Besitzer jedoch keine Ahnung, was dies bedeudet.

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Die Welt wird internationalisierter. Das spiegelt sich auch in den Sprachen wider. Wir kennen das auch aus Deutschland, aus Österreich, oder der Schweiz, wo uns ständig im Straßenbild Sätze, Satzfragmente oder Wörter aus dem Englischen oder aus anderen Sprachen begegnen. Jeder möchte möglichst „woke“ sein. Denn man muss auf seine „contents“ achten. Nicht immer geht das ganz glimpflich ab, nach einem Zeitungsbericht aus einer süddeutschen Stadt verkaufte man den staunenden Kunden „Damen-Tischirts“, an anderer Stelle wurden gebrauchte „Hendis“ angeboten. Das Handy, wenn es denn so geschrieben würde, ist übrigens kein wirklich englischer Ausdruck, und kaum ein Engländer oder US-Amerikaner wüsste mit diesem Wort etwas damit anzufangen. Diesen Ausdruck verwendet man nur im deutschsprachigen Raum. Wobei noch hinzuzufügen sei, dass „Handy“ in der Schweiz auch Name eines bekannten Geschirrspülmittels ist. Und kaum eine deutschsprachige Person würde vermuten, dass die „Kekse“, die man gern zum Kaffee isst, einen englischsprachigen Ursprung haben. Denn als der deutsche Fabrikant Hans Bahlsen 1911 ein Wort für seine neuen getrockneten Biskuits suchte, verwandelte er einfach das englische „cakes“ in „Keks“.

Manchmal ist dieser sprachliche Transfer sehr treffend oder gar lustig, manchmal geht er aber auch ziemlich daneben.

Michael Menke

Auch in Korea begegnet man oft englischsprachigen Ausdrücken, besonderes bei technischen Neuerungen. Aber auch Mode, Freizeit oder Lebensmittel werden gern mit Ausdrücken aus anderen Sprachen beschrieben. Meistens geschieht dies in Englisch oder Französischer Sprache. Eigenartigerweise taucht aber immer öfters die doch so exotische Sprache Deutsch auf. Bedeutungswandel oder einfach sprachliche Missverständnisse sind dabei nicht auszuschließen. Man merkt aber, dass diejenigen, die den jeweiligen Ausdruck ins Spiel brachten und verwenden, sich Gedanken über Sinn und Gebrauch gemacht haben. Manchmal ist dieser sprachliche Transfer sehr treffend oder gar lustig, manchmal geht er aber auch ziemlich daneben …

Relativ oft tauchen deutschsprachige Begriffe im Zusammenhang mit Bier und Speisen auf. Schon das koreanische Wort für die Kneipe, der „Hof“ hat scheinbar deutschen Ursprung, und taucht dann oft verbunden mit Städtenamen oder „romantisch“ klingenden Bezeichnungen auf.

Bier gilt in Korea als etwas typisch Deutsches. Wieso aber diese Kneipe den Namen „Bismark“ trägt, erschließt sich nicht so einfach. War der alte Reichskanzler etwa ein Freund des Gerstensaftes? Im deutschsprachigen Raum würde man sicher zuerst an den „Bismarckhering“ denken. Auch die Schreibweise ist nicht ganz korrekt, Aber immerhin, Bismar(c)k ist in Korea nicht vergessen, taucht zudem ab und an auch als Waffel auf, hier gezeigt in koreanischer Schrift.

Auch beim Essen und vor allem bei Lebensmitteln, bei denen man teutonischenen Ursprung vermutet, werden gern deutschsprachige Begriffe verwendet. Regensburg, immerhin eine Großstadt mit 150.000 Einwohner, wird hier allerdings zu einem „Frisch-Dörf“ degradiert, womit wiederum die Probleme der korrekten Rechtschreibung fortgesetzt werden.

Auch beim wichtigsten Lebensmittel, dem Wasser, wissen wir leider nicht genau, ob die Reinheit im Visier stand, oder der Bekanntheitsgrad des großen Flusses (dann fehlt allerdings das „h“) den Verkauf fördern sollte. Ob nun aber das Rheinwasser wirklich so rein ist?

Ein weiteres großes Feld, das relativ oft deutschsprachig besetzt , ist der Bereich Haus und Wohnung. Von der Hochhaussiedlung namens „Traum“ bis zum „Herrenhaus“, hier schreib man überall gern Deutsch. Und auch das süddeutsch-österreichische Wort „Gasse“ taucht auf, dahinter verbirgt sich dann allerdings eine Kunst-Galerie.

Und selbst, wenn die eigene Behausung nur im Schatten einer größeren Siedlung steht, dann ist es doch zumindest „mein Heim“.

Der dritte Bereich, den ich hier vorstellen möchte, ist die Kindererziehung, die in Korea oft mit deutschsprachigen Wörtern betitelt wird. Der „Kindergarten“, diese segensreiche Erfindung des Herrn Fröbel aus dem Jahr 1840 hat es ja bereits erfolgreich geschafft in den englischen Sprachraum vorzudringen. Und so war dieses Wort auch schon seit längerer Zeit in Korea bekannt. Man hat sich dann aber scheinbar intensiver mit diesen Erziehungsmethoden auseinandergesetzt, und so auch einzelne Teile der Kinderpädagogik mit deutschen Begriffen versehen.

In der Kinderschule wird wohl nicht nur gespielt, sondern auch gelernt, und dass „Bewegung“ dem Nachwuchs gut tut, weiß man spätestens seit Turnvater Jahn.

Kommen wir zum Schluss noch zu den Gefühlen, den auch die sind ja spätestens seit der Zeit der Romantik mit deutschen und österreichischen Literaten und Musikern gut vertreten. Und da hat es allen voran die „Liebe“ den Koreanern angetan. Nicht nur Restaurants oder Bars heißen so, auch Möbel dienen diesem großen Gefühl.

Traurig wird es nur, wenn man dann wieder verlassen wird, dann kann man nur noch sagen…

All photos by Michael Menke

Michael Menke

Michael Menke kam 1991 nach Korea, um für ein Jahr Deutsch an der Universität Incheon zu unterrichten. Das macht er bis heute noch. In der vorlesungsfreien Zeit macht er gern Reisen oder hält sich in Berlin auf. Wenn das Wetter in Korea es zulässt, fährt er kreuz und quer mit dem Fahrrad durch Seoul, denn das ist eigentlich auch nicht gefährlicher als in Berlin. Außerdem interessiert er sich für moderne klassische Musik.

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