Jeongwol Daeboreum – mehr als nur ein Traum

In Korea werden am 15. Tag des Mondkalenders Ängste und Ärger verbrannt. Doch warum wird in Korea das Neue Jahr dreimal gefeiert? Seongmin war beim Jeongwol Daeboreum für euch dabei.

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Der 15. Tag des Mondkalenders ist für die Koreaner*innen ein besonderer Tag. Jeongwol Daeboreum, der erste Vollmondtag nach dem Neujahrstag (1. Tag des Mondkalenders) wird auch Sangwon oder Ogiil genannt. Die koreanischen Vorfahren hielten diesen Tag für wichtiger als das Neujahrsfest (Seollal). Das Fest wird 15 Tage lang ab dem 1. Tag des Mondkalenders gefeiert. Es heißt, dass der zweite Tag des fünfzehnten Mondmonats im Januar als der eigentliche Jahresbeginn angesehen wurde. Daher könnte man in Korea das Neujahr gleich dreimal feiern. Am 1. Januar, dem 22. Januar 2023 (Seollal) oder am 5. Februar 2023 (Jeongwol Daeboreum).

Die Koreaner*innen essen am 15. Tag Burum (Nüsse), Fünfkornreis, Yakbap (Reiskuchen), Gwi Balgi Sool (wird am frühen Morgen getrunken), Beilagen wie Seetang und Chwinamul (wilder Ester) sowie Fisch, um das neue Jahr zu feiern und sich etwas zu wünschen. Traditionell werden verschiedene Spiele und Veranstaltungen wie Go-Ssaum und Seok-jeon durchgeführt. An diesem speziellen Tag werden auch Pläne für das Jahr geschmiedet oder das Glück des Jahres vorhergesagt.

Nach einer langen Pause ist es endlich wieder so weit.   |   Photographer Seong min Yun

Am Sonntag, dem 5. Februar 2023, also dem 15. Tag des Mondkalenders war es endlich wieder so weit. Vier Jahre mussten wir wegen Covid auf diese Feier verzichten. Wir waren froh, dass wir nach einer so langen Pause endlich wieder Daeboreum feiern durften. Da ich in Busan wohne, besuchte ich eine Veranstaltung im Sasang Samrak Park.

Kurz vor Sonnenuntergang.  | Photographer Seong min Yun

Um fünf Uhr abends – kurz vor Sonnenuntergang – verfärbte sich der Himmel orange. Das Wetter ist jetzt viel wärmer geworden. Die kalte Luft des Winters liegt noch immer in der Luft. Ich ziehe mich warm an und mache mich mit meiner Familie auf den Weg zum Veranstaltungsort. Der Ort ist überfüllt mit Menschen. Es sind Menschen, welche schon seit Jahren zum Festival kommen. Als ich mich durch die Menge quetsche, kann ich einen Haufen grosser Bäume entdecken. Seit Monaten sammeln die Einwohner Strohmatten und Kieferzweige, um dann diese am Fest zu verbrennen und für Glück und eine bessere Ernte zu beten. Die Menschen glauben, je besser es brennt, desto friedlicher wird das Dorf sein und desto besser wird die Ernte ausfallen. Dieser Brauch wird «Dal-jib» (Mondhaus) genannt.

Die Menschen versammeln sich um den Baumstapel und warten gespannt… | Photographer Seong min Yun

Die Zweige der Pinienbäume sind noch grün und sind von Fahnen umgeben. Das Lied von Pungmulpae (ein Song einer koreanisch traditionellen Musikgruppe), welches sich unter die Menschenmenge mischt ist aufregend. Die Menschen, die sich seit langem wieder gegenüberstehen, schauen mit liebevollen und erwartungsvollen Blicken auf den Baumstapel. Der Tag neigt sich dem Ende zu und schwarzer Rauch steigt auf. Ich schaue mich um und sehe die Verliebten, die mit verschränkten Armen den aufgehenden Vollmond betrachten. Ich sehe Menschen, die ihre Augen schließen und einen Wunsch denken. Ein Kind, welches auf der Schulter seines Vaters sitzt, hat die Augen weit geöffnet. Ich selbst habe noch nicht darüber nachgedacht, was ich mir wünschen soll. Aber ich werde mich beeilen, um an die Wünsche für dieses Jahr zu denken.

Um 17.50 Uhr beginnt Dal-jib unter dem Jubel der begeisterten Menschen zu brennen. FWOOSH- FWOOSH-. Die trockenen Äste brennen so leicht. Eine leuchtend gelbe Flamme steigt auf und beißt sich durch die Bäume und Strohmatten. Rauch breitet sich am Himmel aus. Die Menschen beobachten die Szene, als wären sie von einer geheimnisvollen Stimmung besessen. Und hoch über all dem leuchtet ein runder Mond. In der Mitte des dunklen Himmels habe ich das Gefühl, als hätte jemand eine große Taschenlampe eingeschaltet.

…bis dieser kurz vor sechs Uhr abends angezündet wird. | Photographer Seong min Yun

Manche Leute werfen ihre Unterwäsche in die Flammen. Der Grund dafür ist der Aberglaube, dass das Verbrennen alter Unterwäsche auch Sorgen und Nöte verbrennt. Beim Anblick der lodernden Bäume und der aufsteigenden Flammen flüstere ich in Gedanken Gesundheit und Glück für uns alle herbei. Obwohl es in den letzten Jahren durch Corona schwer war, haben wir alle Widrigkeiten überstanden. Vielleicht spiegeln die Gesichter der Menschen, die auf Dal-jib blicken, deshalb die Entschlossenheit und Reife des Lebens wider. Unser Leben wird morgen mit zahlreichen Fragen und Schwierigkeiten konfrontiert sein, aber das ist in Ordnung. Denn wie immer werden wir gut genug leben. All die Ängste und der Ärger werden hier und jetzt verbrannt. Mit allen Wünschen im Hinterkopf. FWOOSH- FWOOSH-.

Jetzt fühle ich mich ein wenig leichter. Ich habe das Gefühl, dass ich morgen alles schaffen kann.

Seong min Yun

BUSAN | Korea

Seong min, auch bekannt als Jima, ist ein koreanischer Universitätsstudent. Er ist neugierig und zu jedem freundlich. Er liebt es, Fremdsprachen zu lernen, und spricht Englisch, Japanisch, Französisch und natürlich Koreanisch. Jima ist auch Künstler und Schriftsteller und schreibt Geschichten über das Leben. Jima malt Blumen und über die Liebe will die Welt bunter machen. Mit ihm sollst du lernen, die Welt ein bisschen anders zu sehen.

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