Nächster Halt: Schweiz?

Wie schafft es Se A Park 박세아 immer wieder, ihre Landsleute für die Schweiz zu begeistern? Und wie sich das Reiseverhalten der Koreaner nach Covid verändern könnte.

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Die Koreaner lieben das Reisen. Fast jeder Koreaner träumt davon, einmal im Leben nach Europa zu reisen. Ist der Koreaner dann endlich unterwegs, „erkundet“ er die unterschiedlichen Länder auf die typisch koreanische Art: Möglichst viele Destinationen – in möglichst kurzer Zeit und am liebsten in einer grossen Reisegruppe. Dass die Schweiz auf dieser Tour nicht fehlen darf, versteht sich von selbst. Dies war zumindest bis vor Corona der Fall.

Heute treffe ich mich mit der Koreanerin, Se A Park 박세아 (34), welche seit drei Jahren massgeblich dazu beiträgt, dass der Titlis sowie der Luzern Interlaken Express (Zentralbahn), hier in Korea noch bekannter werden.

Se A, was genau ist dein Job?

Als Auslandsvertretung repräsentiere ich hier in Korea die beiden Schweizer Firmen Titlis und Zentralbahn. Ich betreute den koreanischen Markt, erteile Informationen über mögliche Reiseziele in der Schweiz, buche Hotels und organisiere Tickets für koreanische Reisende. Ich pflege Beziehungen zu grösseren und kleineren Reisebüros und organisiere die Verkaufsgespräche. Auf unserer Website publiziere ich einen Newsletter, um Neukunden zu gewinnen. Um uns in Korea bekannt zu machen, suche ich immer wieder neue Möglichkeiten.

Wie bist Du zu diesem Job gekommen?

Dies war ein Zufall. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete ich im Marketing für das Komitee der Olympischen Winterspiele, welche 2018 in Pyeongchang durchgeführt wurden. Bei der Vorbereitung dieses internationalen Sportereignisses, sammelte ich eine breite Erfahrung in der Zusammenarbeit mit internationalen Unternehmen.

Eines Tages kontaktierte mich eine Kollegin und machte mich auf die Stelle von einem Schweizer Unternehmen aufmerksam. Sie suchten eine Repräsentantin in Korea für eine Touristenregion in der Schweiz. Sie meinte, ich sei die geeignete Kandidatin und solle mich dort bewerben.

Steht regelmässig in Kontakt mit ihren Schweizer Kolleginnen und Kollegen – Se A Park 박세아. | Photographer Daniel Thomas Faller

Du hast dich dann sofort beworben?

Obwohl ich zu diesem Zeitpunkt noch bei den Olympischen Winterspielen 2018 angestellt war, interessierte mich die ausgeschriebene Stelle sehr. Ich habe dann mit den Verantwortlichen Kontakt aufgenommen und mich auf diese Stelle beworben.

Wie bewirbt man sich bei einem Unternehmen, welches fast 9000 Kilometer weit entfernt ist?

Neben der der schriftlichen Bewerbung, gab es auch einen intensiven Austausch mit dem Unternehmen. Es fanden zahlreiche Gespräche statt. Erst nach etwa sechs Monaten, bin ich zu einem Vorstellungsgespräch in die Schweiz eingeladen worden.

Deine erste Reise in die Schweiz?

Ja, das war meine erste Reise in die Schweiz. Entsprechend war ich unsicher, wie es mir gefallen wird. Damals kannte ich die Schweiz nur von Bildern und Erzählungen.

Vom ersten Moment an fühlte ich mich in der Schweiz sehr wohl.

Se A Park 박세아

Wie war dein erster Eindruck?

Wenn ich gefragt werde, antworte ich immer das Gleiche: Es war einfach unglaublich. Vom ersten Moment an fühlte ich mich in der Schweiz sehr wohl. Die neue Umgebung faszinierte mich. Das Grün, die Berge und die Seen – alles einfach unglaublich schön. Ich hatte sofort das Gefühl von Heimat und wollte am liebsten für immer in der Schweiz bleiben.

Se A Park 박세아 ist von der Schweiz begeistert. | Photo by Se A Park

Du bist während deiner Schweizer Reise sicherlich auch in den Genuss der Schweizer Küche gekommen? Gibt es etwas, was du besonders magst?

Für mich ist es immer ein grosses Vergnügen, wenn ich auf Reisen Spezialitäten ausprobieren kann. Die meisten Koreaner kennen wohl die berühmten Gerichte, wie Käsefondue oder Raclette. Doch mein Lieblingsessen in der Schweiz sind Älplermakronen mit viel karamellisierten Zwiebeln und dazu ein dunkles Bier.

Und wie verlief dein Vorstellungsgespräch?

Es gab kein klassisches Vorstellungsgespräch. Während zwei Tagen haben mir Mitarbeitende und das Management die Örtlichkeiten und meinen künftigen Arbeitgeber vorgestellt. Ich war sehr beeindruckt, wie die Leute zusammenarbeiten. Man fühlt sich sofort wie in einer grossen Familie. Der Firma ist es sehr wichtig, dass sich die Mitarbeitenden in ihrem Arbeitsumfeld wohl fühlen. Diese Art von Firmenkultur findet man in Korea – wenn überhaupt – sehr selten und war deshalb für mich neu. Am Ende meiner Reise hat man mir dann die Stelle angeboten und so konnte ich mit meinem Job direkt nach den Olympischen Winterspielen starten.

Wieder zurück in Korea. Was war anfänglich deine grösste Herausforderung?

Am Anfang war ich allein und auf mich selbst gestellt. Das war sehr ungewohnt und stressig für mich, weil ich bis dahin keine Erfahrung mit dem Aufgabengebiet hatte. Aber die beiden Unternehmen in der Schweiz unterstützten mich professionell und halfen mir bei meiner Arbeit. Dies gab mir Mut für meine Arbeit. Schon damals kannte ich mich auf dem koreanischen Reisemarkt sehr gut aus. Trotzdem musste ich mich in das neue Gebiet einarbeiten. Im Laufe der Zeit lernte ich aber andere Menschen kennen, die in dieser Branche in Korea arbeiten, und konnte mir nach und nach verschiedene Kenntnisse aneignen. Ich glaube jeder, den ich traf, war wie ein Mentor für mich. Das war ein Glück.

Trifft man dich jetzt öfters mal in der Schweiz an?

In der Regel fliege ich mindestens einmal im Jahr für einige Projekte in die Schweiz, und alle zwei Jahre findet eine Vertreterversammlung statt, bei der alle ausländischen Vertretungen zusammenkommen. Wir entwickeln unser Produkt und denken darüber nach, wie wir unser Reiseziel, einschließlich der Hotels und Attraktionen, noch besser vermarkten können, um noch mehr Besucher aus der ganzen Welt anzulocken. Dank dieser Treffen können die Vertreter der einzelnen Länder viele Ideen austauschen. Außerdem kann ich die Schweiz mit Influencern besuchen, die mir dabei helfen, die Schweiz in Korea noch bekannter zu machen.

Einmal pro Jahr ist Se A Park 박세아 in der Schweiz auf Entdeckungsreise. | Photo by Se A Park
Er “bewacht” ihr Büro in Seoul. | Photographer Daniel Thomas Faller

Und dann kam Covid-19. Wie hat sich deine Arbeit verändert?

Seit Anfang 2020 wurden sämtliche Treffen und Reisen in die Schweiz abgesagt. Natürlich hat dies auch einen direkten Einfluss auf meine Arbeit. Viele meiner direkten Kontakte mit den grossen Koreanischen Reiseveranstaltern sind stark reduziert worden. Man kann sich bis heute meist nur noch „online“ treffen. Der Informationsaustausch und die Kontaktpflege sind anspruchsvoller geworden. Zudem gibt es viele Reiseveranstalter, welche ihre Tätigkeiten heruntergefahren haben oder sie mussten ihr Geschäft aufgeben. Ich hoffe und bin auch zuversichtlich, dass es spätestens im Frühjahr 2022 wieder aufwärts gehen wird.

Geht es dann im gleichen Stil weiter?

Schwer vorherzusagen: Die Pandemie hat sicherlich ein Umdenken ausgelöst Ich persönlich denke, dass es anfänglich einen grossen Ansturm auf das Reisen nach Europa und insbesondere die Schweiz geben wird. Vermutlich wird sich das wieder einpendeln. Aber aufgrund der unsicheren Lage ist eine Prognose schwierig.

Seit den 80-er Jahren reisen viele Asiaten nach Europa, oft nach dem gleichen Muster. Da die Koreaner meist nur wenige Ferientage haben, buchen sie meist nur eine 10-tägige Europa-Rundreise. Dem Koreaner ist es wichtig, möglichst viele bekannte Touristenziele, wie zum Beispiel Paris, Rom, Barcelona oder die Schweiz, in dieser kurzen Zeit zu besuchen. Also funktioniert es so:  Raus aus dem Bus, Fotos machen, rein in den Bus und weiter zur nächsten Attraktion. So durchquert man mit dem Bus Land für Land, meist in nur einem Tag. In dieser kurzen Zeit gelingt es ihnen kaum, in Kontakt mit den lokalen Menschen zu treten und so ein Verständnis für deren Kultur zu bekommen.

Allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass sich das Reiseverhalten in Zukunft ändern wird. Der Trend geht in Richtung Themenreisen. Auch kann ich mir gut vorstellen, dass man in Zukunft mehr auf Qualität statt Quantität achten wird, also bei einer 10-tägigen Europareise vielleicht nur noch zwei bis drei Länder bereisen wird.

Se A, wir danken dir das wir uns über deinen Job unterhalten durften und hoffen, dass du weiterhin viele Koreaner für die Schweiz begeistern kannst.

Daniel Thomas Faller

SEOUL | Korea

Daniel ist der Gründer des Schauplatz Korea Magazins, Chefredakteur und kreativer Leiter. Er ist gebürtiger Schweizer und Korea-Liebhaber, der in Seoul lebt. Daniel interessiert sich für die Geschichten und Projekte von Menschen und hat eine Leidenschaft für visuelle Kunst und Fotografie. Gerne lässt er sich von Makgeolli verführen...

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