Es war einer dieser letzten sonnigen Herbsttage, an dem wir gemütlich durch das Gahoe-dong Quartier in Seoul schlenderten. In einer der verwinkelten Gassen entdeckte wir eine spannende Foto Ausstellung in der Seoi Gallery: „Madame C“. Nicht eine der hippen, modernen Betongallerien, sondern ein typisch traditionelles koreanisches Hanok Haus war Schauplatz der aussergewöhnlichen Ausstellung. Die Bilder dieser Ausstellung faszinierten mich und ich wollte mehr darüber erfahren. Kaum hatte ich die Gallerie betreten, wurde ich von der Fotografin Yisook Sohn empfangen. Sie erzählte mir Interessantes über die Entstehung das Fotoprojekt „Virginia’s room“ und erläuterte mir die Hintergründe, wie es zu dieser Ausstellung kam. Ich hatte Glück, denn dieser Sonntag war der letzte Tag der Ausstellung und für mich war schon damals klar, dass ich noch mehr von diesen Arbeiten sehen wollte.
Vor ein paar Wochen bin ich dann per Zufall wieder über ein Bild der Künstlerin gestolpert. Da es in ihren Projekten meist um Menschen und deren Geschichte geht, möchte ich unbedingt mehr darüber berichten. Ich habe Yisook kontaktiert und sie für ein Interview gewonnen, welches ich euch nun im Folgenden präsentieren werde:
Yisook Sohn, wie und wann ist dein erstes Fotoprojekt entstanden?
Eines meiner ersten Projekte war „Madam C“. Alles begann damit, dass wir 2005 nach Bundang, etwa 20 Kilometer südlich von Seoul, umgezogen sind. Diese Planstadt war zu dieser Zeit noch stark im Aufbau. Schon bald bemerkte ich, dass ich mich in dieser neuen Umgebung nicht wohl fühlte. In Bundang wurden neue, moderne Gebäude und Hochhäuser gebaut. Es fehlte eine Historie, eine Geschichte – als Fundament der Stadt. Alles war neu, modern und kalt. Im Kindergarten meiner Tochter lernte ich andere Eltern kennen und begann mich für ihre Geschichte zu interessieren. Ich vertiefte mich zunehmend mit dem Thema Lebensqualität der Mittelschicht, beobachte mein Umfeld und begann dieses fotographisch festzuhalten.
In der Regel bekommt man selten Einblicke in das private Leben und das Zuhause der Koreaner. Wie bist Du dabei vorgegangen?
Anfangs habe ich spontan Freunde und Bekannte aus meinem Umfeld angefragt, ob sie an meinem Projekt teilnehmen möchten. Erstaunlicherweise haben sofort viele zugesagt. Insbesondere Frauen waren sehr interessiert. Je mehr meine Arbeiten publiziert wurden, desto mehr Menschen meldeten sich von sich aus bei mir und wollten fotografiert werden.
Was möchtest Du mit „Madam C“ zum Ausdruck bringen?
Ich möchte aufzeigen, wie Frauen der Mittelschicht beginnen, über ihre Lebensqualität nachzudenken und ihre eigene Individualität verfolgen und ausleben. Es ist ein Querschnitt durch das konsumorientierte Leben der koreanischen Frauen, die nach Individualität streben und Beachtung suchen.
Madame C zeigt auf spannende Weise, wie der persönliche Raum der Familie und auch die Personen selber an Authentizität verloren haben.



Warum der Name Madame C?
Das ‚C‘ im Titel von «Madame C» steht für die Abkürzung City (Stadt). für die Stadt. Wie ich bereits schon erwähnte, basiert diese Arbeit auf dem Eindruck der neuen Stadt Bundang. Die Frauen in diesem Fotoprojekt waren für mich weder Subjekt noch Objekt. Ich hatte den Eindruck, sie wollten mehr darstellen als sie wirklich sind. Unter diesem Aspekt betrachteten sie sich als dritte Wesen (C), nicht als Subjekte (A) oder Objekte (B). Ich weiß nicht, ob diese Idee Sinn macht. Zu dieser Zeit dachte ich auch einfach an „etwas Drittes“ und nannte es C.
Vielen Dank für das kurze Interview

Yisook SOHN ist 1968 in Korea geboren. Sie studierte Literatur and der Ewha Womans University Seoul und Fotografie an der Sangmyung University Seoul. Ihre Fotos werden seit 2007 regelmässig international ausgestellt. Yisook SOHN arbeit und lebt in Seoul.
Ihre nächste Austellung findet vom 17.03. – 15.05.21 in Seoul statt.